Spielsteine der Götter. Fantasy Roman.
Heike Wolf, Fantasy Productions März 2004


Fantasy nicht nur für DSA-Fans.

"Taron fuhr auf und blickte direkt in das Gesicht von Rauert, der ihn feist angrinste. Eine Wolke von Bier und Bärentod schlich sich in Tarons Nase. "Ach ja, wenn man noch nie eine Elfe gesehen hat ... Pass aber auf, dass dich dein erster Ork nicht auch so selig lächeln lässt." Er lachte laut auf und Fredje und Waskin fielen mit ein.
Wäre er nüchtern und nicht so geblendet von der Schönheit der Elfe gewesen, hätte Taron den Scherz vielleicht zähneknirschend hingenommen. So aber fand seine Faust Rauerts Gesicht und ehe er es sich versah, hatte er ihm zwei weitere Hiebe versetzt. [...]
Abrupt erstarben alle Gespräche, und alle Köpfe wandten sich zu ihnen um. [...] Taron begriff plötzlich, dass er soeben womöglich alles zerstört hatte, woran er sich all die Jahre geklammert hatte."

Taron ist fünfzehn und wünscht sich nichts mehr, als dem Schwertkämpfer-Orden der Göttin des Krieges beizutreten. Er wird auch aufgenommen, aber schon am ersten Abend stellt sich heraus, dass er sich nicht beherrschen kann und wenn die Wut ihn packt, schlägt er blindlings los. Das ist keine Eigenschaft, die man gern sieht, nicht hierzulande und auch nicht im Fantasyland Aventurien. Als er dann noch mit einem anderen Novizen einen Schwertkampf anfängt und diesen erschlägt, obwohl er ihn schon entwaffnet hatte, flieht er aus dem Orden.

Er reist in den Süden, gerät in eine Wirtshausschlägerei, rettet dabei einem Zwerg das Leben und tötet noch einen Mann. Zunächst scheint es, als habe er in dem Zwerg einen Freund gefunden. Aber Taron ist nicht für Freundschaft geschaffen, sein schlechtes Gewissen bedrängt ihn obendrein und die Freundschaft zerbricht. Taron wird Söldner und sinkt immer weiter herab, verdingt sich jedem, der ihm genug Geld bietet. Einmal rettet er einem kleinen Baron das Leben in einem Kampf und als dieser später an seinen Verletzungen stirbt, trägt der ihm auf, seine Frau von seinem Tod zu benachrichtigen. Taron tut dies, erlebt die Geburt des jungen Sohns des Baron, für den er bald Vaterersatz wird, aber auch diese Idylle ist nicht von Dauer. Bald treibt ihn seine Wut und sein Gewissen wieder weiter.

Taron ist ein Getriebener, sein Gewissen und der Schwur der Göttin, den er gebrochen hat, lässt ihm keine Ruhe. Und er weiß, dass er, wenn er in Wut gerät, ausrastet, nicht mehr er selbst ist. Ein Held mit Eigenschaften, die wir bei unseren Freunden eher nicht sehen möchten? Die Autorin schildert uns diesen Mann, seine Unbeherrschtheit und seinen langsamen Abstieg detailliert und glaubwürdig und wir zittern mit Taron mit, grade weil er nicht glänzende Superheld aus den üblichen Fantasygeschichten ist. Ja der Text übt sogar einen Sog aus, der dafür sorgt, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen mag.

Und dann kommt es doch zu der Schlacht, in der grade die Unbeherrschtheit, die aufflammende Wut von Taron es ist, die den Kriegerorden und das Mittelreich retten. Eine schlechte Eigenschaft, die plötzlich nützlich ist? Die Autorin überrascht uns mit dieser Geschichte und zeigt, dass Helden nicht nur aus guten Eigenschaften bestehen, ganz im Gegenteil, dass manchmal grade die negativen Seiten eines Menschen es sein können, die nützlich sind. Allein das macht das Buch lesenswert, noch mehr die Fähigkeit der Autorin die Personen lebendig werden zu lassen, dem Leser eine Geschichte nahe zu bringen, die in dem fremden Land Aventurien spielt, auch Das Schwarze Auge (DSA) genannt, und die doch jeder versteht, auch wenn er noch nie etwas von Aventurien gehört hat. Schade, dass der Covertext den Eindruck erweckt, es sei nur für DSA Fans lesbar. Denn in den Überschriften finden sich zwar Datumsangaben aus diesem Aventurien, doch wer die aventurischen Zeitangaben nicht kennt, kann sie einfach überlesen und wird den Text selbst ohne Probleme verstehen.

Bleibt zu hoffen, dass uns die Autorin mit weiteren Pageturnern überraschen wird.

Über die Autorin: Heike Wolf wurde 1977 in Bonn geboren, wuchs in Aurich/Ostfriesland auf und studiert Geschichte und klassische Philologie in Marburg. Sie hat mehrere Kurzabenteuer für FanPro geschrieben, Spielsteine der Götter ist ihr erster Roman.

Heike Wolf, Spielsteine der Götter, Fantasy Production 2004, ISBN 3-89064-591-7
Taschenbuch, 337 Seiten, 9,00€

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