Sonnensturm. Krimi.
Åsa Larson, C. Bertelsmann, Februar 2005



In Zungen reden

"Dass er stirbt, passiert Viktor Strandgård durchaus nicht zum ersten Mal. Er liegt in der Kirche der Kraftquelle auf dem Rücken und schaut durch die riesigen Dachfenster hoch droben. Nichts scheint ihn von dem düsteren Winterhimmel über ihm zu trennen.
Näher als jetzt kann man gar nicht kommen, denkt er. Wenn man die Kirche auf dem Felsen am Ende der Welt erreicht hat, dann ist der Himmel so nah, dass man fast die Hand ausstrecken und ihn berühren kann.
Das Nordlicht schlängelt sich wie ein Lindwurm durch die Nacht. Sterne und Planeten müssen ihm weichen, diesem gewaltigen Wunder aus funkelndem Licht, das sich gelassen seinen Weg durch das Himmelsgewölbe bahnt."

Viktor Strandgård war als Jugendlicher nach einem Unfall scheintot. Seitdem glaubt er, dass Gott besonderes mit ihm vorhat. Eine freikirchliche Gemeinde hat sich um ihn geschart, hoch oben im Nordschweden, in Kiruna. Und eines Tages findet seine Schwester Sanna Viktors Leiche in der Kirche, die Augen ausgestochen, die Hände abgehackt.

Sanna versteckt sich. Der Wirklichkeit konnte sie noch nie richtig ins Auge sehen, einer Leiche und einer Mordkommission erst recht nicht. Sie ruft Rebecka an, Anwältin in Stockholm und ihre beste Freundin. Die soll ihr aus der Patsche helfen. Denn mittlerweile ist Sanna von der Zeugin zur Tatverdächtigen geworden. Rebecka eilt ihr, wie früher auch, sofort zur Hilfe. Und ärgert sich gewaltig darüber. Dabei weiß sie doch, dass Sanna sie ausnützt, dabei ist sie doch nach Stockholm gegangen, um Kiruna, die fanatische Gemeinde und den eisigen Norden hinter sich zu lassen.

Jetzt sitzt sie mit der hochschwangeren Polizeiinspektorin Anna-Maria Mella im Tiefschnee fest und kann das Nordlicht bewundern. Das ist nämlich gesprächiger als die Gemeindemitglieder ...

Spannend ist der Roman, kein Zweifel. Gekonnt geschrieben ist er auch. Also ein gelungener Krimi? Jein.

Gelungen, weil er stellenweise ein Pageturner ist. Aber auch ein Klischeelieferant. Keiner von der Sorte, der einen mit Charakteren, Lösungen überrascht, die im Gedächtnis bleiben. Eher ein Fastfood, schnell gelesen, schnell vergessen.

Das liegt daran, dass die Personen so stereotyp sind. Die Kirchenmitglieder sind bigott und dogmatisch, verteufeln den Sex und treiben es unter der Bettdecke bunter als erlaubt. Fundamentalistische Christen wurden anderswo schon realistischer dargestellt. Natürlich fehlt weder die schrecklich zerstückelte Leiche noch der wahnsinnige Mörder und auch nicht der sexuelle Missbrauch, alles Zutaten, die heute eben in einen Krimi gehören. Einzig die Naturschilderungen, der nordschwedische Winter bleibt im Gedächtnis hängen.

Bleibt die Frage: Warum sind eigentlich heute in Krimis alle Mörder verrückt und in der Wirklichkeit fast alle normale Menschen?

Fazit: Spannender Krimi mit vielen Klischees

Leseprobe:

Über die Autorin: Åsa Larsson wurde 1966 in Kiruna geboren. Sie arbeitete lange Jahre als Steueranwältin. "Sonnensturm" ist ihr erster Kriminalroman, wurde als Bestes Krimidebut des Jahres 2003 ausgezeichnet und stand monatelang auf der Bestsellerliste. Für ihr zweites Buch erhielt sie 2004 den Preis der schwedischen Krimijury für den besten Krimi des Jahres; derzeit arbeitet sie an ihrem dritten Roman. Larsson lebt mit ihrem Lebensgefährten und zwei Kindern in der Nähe von Nyköping.

Sonnensturm, Åsa Larson, Krimi, C. Bertelsmann, Februar 2005
Originaltitel: Solstorm, aus dem Schwedischen von Gabriele Haefs
ISBN 3570008436, gebunden, 348 Seiten, Euro

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