Scheidung auf Türkisch. Krimi.
Esmahan Aykol, Diogenes, September 2008


scheidung

»In einer Beziehung bin ich jedoch vollkommen überzeugt, dass alle Verallgemeinerungen zutreffen: und zwar, was die Wirkung von Blondinen betrifft. Jedenfalls kann ich ruhigen Gewissens behaupten, dass der Titel des ominösen Films Blondinen bevorzugt ins Schwarze trifft. Männer mögen Blondinen, da ist nichts zu machen. Nur ein Beispiel: Meine Freundin Lale hat sich die Haare gefärbt, und noch bevor sie einmal nachfärben musste, hatte sie schon einen neuen Liebhaber. Soll das vielleicht Zufall sein? Und was glauben Sie, wer es ist? Der bärtige Erol, der über mir wohnt. Das heißt, eigentlich ist er gar kein Bartträger mehr. Da Lale den Bart nicht leiden konnte, hat er ihn abrasiert.«

Cem hat Sani geheiratet. Doch seine Mama war damit gar nicht einverstanden, denn Cem stammt aus einer der reichsten Familien Istanbuls und Sani aus einem Dorf. Zwar hat sie in Amerika studiert, aber trotzdem.

Und dann ist Sani tot. Angeblich ein Unfall, aber einiges an dem "Unfall" ist sehr verdächtig. Vor allem kommt er ihrem Mann und dessen Familie sehr gelegen. Und mit der Umweltmafia hatte sich die junge Frau auch angelegt. Dann gibt es noch die Aktivisten der TÖZ, einer politischen Gruppe, von der niemand weiß, ob sie nicht vielleicht doch terroristisch ist. Und warum hat Cem seine Frau beobachten lassen?

Eigentlich geht das Ganze Kati Hirschel gar nichts an. Die hat zwar einen Krimi-Buchladen, aber für Morde ist auch in Istanbul die Polizei zuständig. Kati ist aber notorisch neugierig und da sie Sani oft im gleichen Lokal begegnet ist, beginnt sie zu ermitteln. Und teilt das dem Leser mit. Sie ist eine kleine Plaudertasche, die dem Leser alles brühwarm berichtet, was sie so beobachtet in Istanbuls High Society.

Wer auf Ermittler mit Beziehungsproblemen, Depressionen und viel Alkohol abonniert ist, für den ist dieses Buch nichts. Denn Kati, die Tochter eines deutschen Juraprofessors, der vor den Nazis nach Istanbul geflohen ist, ist das krasse Gegenteil davon. Das Herz auf der Zunge, Schwermut ist ihr fremd und mit viel Humor zieht sie zusammen mit dem Leser durch Istanbuls Viertel. Beziehungen auf türkisch, die man so nicht erwartet hätte, eröffnet sie dort dem Leser.

Als Whodunit Krimi eher nicht geeignet, denn so spannend ist der Fall selbst nicht, dafür aber liest es sich locker und vermittelt ein ganz eigenes Bild von Istanbul.

Und natürlich Abwechslung für alle, die einmal etwas anderes lesen wollen als skandinavische Tiefgründeleien.

Leseprobe

Scheidung auf Türkisch, Krimi, Esmahan Aykol, Diogenes, August 2008
Originaltitel: Süpheli bir ölüm, aus dem Türkischen von Antje Bauer
ISBN-13: 978-3-25706677 7, gebunden, 324 Seiten, Euro 19.90

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