Mein Leben, meine Freiheit. Autobiografie.
Ayaan Hirsi Ali, Piper, Dezember 2007

Mein Leben, meine Freiheit

Ihre Großmutter war noch eine Nomadin, die in Somalia mit den Herden von Wasserloch zu Wasserloch zog und sich in der Großstadt Mogadischu fehl am Platz fühlte. Ayaan Hirsi Ali selbst wuchs in verschiedenen Ländern auf, ihr Vater war unter dem Diktator Siad Barre im Gefängnis, die Familie war immer auf der Flucht. Von Saudi Arabien über Äthiopien nach Kenia führte der Weg.

Dann verheiratete ihr Vater sie gegen ihren Willen an einen Somali, der in Kanada lebte. Ayaan Hirsi Ali floh und suchte in den Niederlande politisches Asyl, studierte Politikwissenschaften und wurde zu einer der schärfsten Kritikerinnen des Islams. Sie wurde ins holländische Parlament gewählt, drehte einen Film über die Unterwerfung der Frauen durch den Islam und der Regisseur wurde von einem Islamisten ermordet. Seitdem steht sie unter Polizeischutz wie Salman Rushdie und die Karikaturzeichner von Mohammed und ist ein Topziel islamischer Terroristen.

In dem Buch erzählt sie von dem Leben unter Siad Barre in Somalia, der einen kommunistischen Staat in Somalia schaffen wollte, den Schlangen vor den Geschäften, dem Leben in Saudi-Arabien, dem fanatischen Islam, in dem sie dort unterrichtet wurde und von Kenia, in das viele Somalis flüchteten, deren Bewohner sie aber verachteten.

Siad Barres Stern sank, aber seine Stelle nahmen die Muslim Brüder ein, die einen fanatischen Islam predigten, die Unterordnung der Frauen und der Hass auf alle, die auch nur ansatzweise anders dachten als diese faschistische Partei. Immer mehr verschleierte Frauen, muslimische Prediger, die allen das Höllenfeuer androhen, die sich nicht verschleiern und natürlich saudiarabisches Geld, das das fördert. Auch Ayaan Hirsi Ali gehörte zeitweilig zu einigen dieser Gruppen.

Dann bricht Siad Barres System zusammen, ein blutiger Bürgerkrieg zwischen den verfeindeten Clans hebt an. Hunger, Terror und jeder sucht sein Heil in der Flucht.

Und die Autorin entdeckt die Freiheit in den Niederlanden. Frauen auf der Straße, in der Universität, unverschleiert und mit Jobs und eine Gesellschaft, in der man alles diskutieren durfte. Was sie nicht hindert, auch anderes wahrzunehmen. Etwa das Clansystem unter holländischen Studenten, die sich ebenfalls in Gruppen abschotten, wie die Menschen in Somalia. Aber sie beschränken sich darauf, sich mit Worten zu bekämpfen, ein unschätzbarer Vorteil, wie Hirsi Ali findet. Überhaupt interessiert sie alles, was erklärt, warum die Niederlande prosperieren und Somalia und die arabische Welt immer tiefer in Stammeskriegen versinken.

Dabei entdeckt sie die europäischen Philosophen, die sich für eine Trennung von Religion und Staat einsetzten, eine Gewaltenteilung und für eine freie Meinung statt Textgläubigkeit.

An dem Buch ist nicht nur die Reise durch die afrikanischen und arabischen Ländern bemerkenswert, die dem Leser viel Hintergrundwissen über die Konflikte dort vermittelt, sondern auch die Kommentare der Autorin. Erstaunlich, wie fair und manchmal liebevoll sie Menschen schildert, mit denen sie heftige Konflikte austragen musste. Egal ob die Eltern oder politische Weggefährten in Holland, die sich von ihr abgewandt haben, immer versucht sie auch die andere Seite zu verstehen. Und Hirsi Ali kann beobachten, ihre Personen sind keineswegs so einheitlich, wie man erwarten könnte. Manches hat auch absurde Züge, etwa der fundamentalistische Prediger in Nairobi, der unter somalischen Frauen viele Zuhörer fand und die absolute Unterwerfung der Frauen unter den Willen der Männer verkündete. Die Männer waren von dem Herrn aber gar nicht erbaut, es gab etliche Ehestreitigkeiten, die Damen zeigten sich in realiter gar nicht bereit, ihren Männern zu gehorchen und den Prediger zum Teufel zu schicken. Der verkündete denn auch eine Variante der Männerherrschaft: Die Frauen müssen nur den Männern gehorchen, die genau die gleiche Islamvariante vertreten, wie der Prediger, Männer mit abweichenden Meinungen müssen Frauen nicht gehorchen.

Nicht das einzigste Beispiel, dass es vielfach die Frauen sind, die die grausamen Traditionen aufrechterhalten. Und grausames kann die Autorin genügend erzählen, was sie selbst erlebt hat, was Verwandten passierte, was sie in Holland als Dolmetscherin von Flüchtlingen erfahren musste.

So zeigt das Buch die harte Realität des Lebens in islamischen Ländern, vor allen denen, die von dem immer stärker werdenden Wahabismus geprägt sind, der Islamversion Saudi Arabiens und liest sich gleichzeitig spannend wie ein Abenteuerroman.

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