Die Lügen, die wir erzählten. Jugendbuch.
Judy Blundell, Ravensburger, Oktober 2010

Die Lügen, die wir erzählten

»An jenem Nachmittag gingen Margie Crotty, meine Freundin und ich in den Süßwarenladen und kauften Schokoladenzigaretten, um Rauchen zu üben. Im Krieg waren Zigaretten rationiert gewesen, so wie alles andere, aber jetzt gab es sie in Massen, Lucky Strikes und Old Golds und Camels. Und Chesterfields – so mild, dass sie deine Kehle streicheln. Das behauptete zumindest die Werbung.

Margie und ich glaubten Magazinen und Filmen mehr als der Kirche., Wir wussten, wenn wir genug übten, würden auch wir eines Tages zu Frank Sinatras All or Nothing at All echte Zigaretten rauchen , und die Farbe unseres Lippenstifts würde zur Farbe unserer Fingernägel passen.

Es war 1947 und der Krieg war vorbei. Aus allen Radios erklang Musik und jeder wollte ein neues Auto. Während des Krieges hatte keiner einer neues Auto gehabt, weil keine hergestellt wurden und niemand hatte Fotos gemacht, weil es keine Filme zu kaufen gab. So war es im Krieg – man hatte nie etwas Neues.«

Evie will leben, endlich. Der Krieg ist vorbei, sie ist fünfzehn und sehnt sich danach, erwachsen zu werden, nach dem ersten Lippenstift, nach dem ersten Kuss.

Ihr Stiefvater Joe ist heil aus dem Krieg zurück gekehrt, hat ein Geschäft aufgebaut und alles wird endlich besser werden. Da ruft ein Kriegskamerad namens Peter an. Und der Stiefvater lässt sich verleugnen. Dann fahren sie völlig überraschend nach Florida, in Ferien. Doch dort taucht Peter wieder auf, ein junger Mann, der mit Evie flirtet. Doch warum ist er ihnen gefolgt?

Bald zeigt sich, dass er weit mehr als Küsse im Sinn hat und dass der Krieg zwar vorbei, aber lange noch nicht beendet ist. Denn die Männer, die zurückkamen, haben jeder eine Geschichte mitgebracht. Und die ist nicht immer fröhlich, schon gar nicht so heldenhaft wie Evie bisher glaubte.

Judy Blundy versteht es, die Nachkriegsjahre lebendig werden zu lassen, die Hoffnungen und Gefühle. Und zwar durch die Augen eines fünfzehnjährigen Mädchens, das sich der Wirklichkeit stellen muss, ihre erste Liebe erlebt und sich der Frage stellen muss, ob man lügen darf, ja lügen muss, um die eigene Familie zu retten.

Eindrücklich geschrieben, von Mirjam Pressler packend übersetzt überzeugt dieser Jugendroman durch seine Figuren wie die Milieuschilderung und hält den Leser bald in Spannung wie ein Thriller. Kein Wunder, dass er in Amerika den National Book Award gewann.

Homepage des Autors

Das Buch bei Amazon

Weitere Rezensionen von Hans Peter Röntgen

zurück

Für diese Rezensione bei Literatur fast pur gilt:© by Hans Peter Röntgen - WebSite Alle Rechte vorbehalten - All rights reserved

-> Literatur fast pur