Die Gabe der Jungfrau. Historischer Roman.
Deana Zinßmeister, Goldmann, Februar 2010

Die Gabe der Jungfrau

»Hofmeister baute sich vor seiner Tochter auf, stemmte die Hände in die Hüften und sah sie herausfordernd an. Als immer noch kein Ton über ihre Lippen kam, fuhr er sie an: „Bist wohl in Schwierigkeiten, was?“
Entsetzt schüttelte Anna Maria den Kopf, schwieg aber weiter. [...]
Anna Maria wusste, dass sie jetzt etwas sagen musste, sonst wäre die Gelegenheit vertan. Stockend erzählte sie von ihrem Traum und dem Plan die Brüder zu retten.«

Der alte Daniel Hofmeister hat zwei seiner Söhne in den Krieg geschickt. Sie sollen für die Sache der Bauern kämpfen. Wir schreiben 1525, die alte Welt gerät aus den Fugen, Luther hat sich gegen den Papst gestellt und die Bauern rebellieren gegen die Knechtschaft durch Adel und Klerus.

Hofmeisters Tochter Anna Maria hat eine Gabe. Wenn Verwandte oder Freunde sterben, verabschieden sie sich vorher im Traum von ihr. Und dann sieht sie im Traum ein Schlachtfeld im Winter und ihre beiden Brüder, die sterben.

Sie will los und die Brüder retten. Noch ist es nicht Winter, noch leben diese, davon ist sie überzeugt. Aber der Vater, ein Patriarch und der letzte freie Bauer im Dorf, will sie nicht ziehen lassen. Doch dann passiert ...

Lange waren die Bauernkriege vergessen, in den Siebzigern gelangten sie im Rahmen der Auseinandersetzung um das Kernkraftwerk Whyl und verbreiteter Revolutionsbegeisterung kurzzeitig wieder in den Blickpunkt, allerdings nur für kurze Zeit.

Deana Zinßmeister hat sich dieser Epoche wieder angenommen. Jos Fritz, der drei Bundschuh-Aufstände anführte und über den wir dennoch wenig wissen, tritt in dem Buch auf, Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand gibt ein kurzes Gastspiel ebenso wie Franz von Sickingen, der von vergangener Ritterherrlichkeit träumt. Nicht zu vergessen die Schwarmgeister, allen voran Thomas Münzer, die das Ende der alten Ordnung für ihre eigenen Pläne nutzen wollen.

Und mit dem Wolfsbanner und den Menschen, die mit Wölfen jagen, erinnert die Autorin an eine wenig bekannte Geschichte, die möglicherweise Grund für den Werwolf-Glauben wurde.

Ein spannender Plot mit einer genauen Vorgeschichte, die im Buch langsam entblättert wird, hält den Leser ebenso bei der Stange wie die ungewöhnliche Historie. Obendrein findet sich im Nachwort nicht nur eine Übersicht, was wirklich ist und was ausgedacht, sondern auch ein ausführliches Literaturverzeichnis, das es dem Leser erlaubt, bei Interesse mehr über die Themen des Romans zu erfahren.

Hatte Das Hexenmal in der ersten Hälfte noch Schwächen und Durchhänger, so ist der Autorin diesmal ein Roman geglückt, der von Anfang an fesselt. Kein Wunder, dass das Buch schon kurz nach Erscheinen in zweiter Auflage nachgedruckt werden musste.

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