Heftromane schreiben und veröffentlichen. Schreibratgeber.
Anna Basener, Autorenhaus Verlag, Mai 2010
Heftromane schreiben, das kann doch jeder. Das ist schnell heruntergeschrieben nach 08/15, minderwertiges Zeug, leichtverdientes Geld, so hört man oft.
Dass es ganz so leicht wohl doch nicht ist, wusste ich. Schließlich hat keiner derer, die das behaupten, den Beweis angetreten und mal schnell einen heruntergeschrieben ;-).
Doch das im Heftroman ganz andere Gesetze gelten, als beim "normalen" Roman, das wurde mir mehrfach von glaubwürdigen Autoren erzählt. Die Figuren müssen schön, sexy und erfolgreich sein, Stereotype, keine Konflikte, höchstens Mißverständnisse.
Schön, sexy und erfolgreich, dagegen hat die Lektorin des größten deutschen Heftromansverlags auch nichts. Gut sollen die beiden Liebenden auch sein. Doch noch etwas ist viel wichtiger: "Dass ihre Geschichte mit einem Ungleichgewicht beginnt. Am Anfang stehen Defizite der Figuren. Sie beschreiben dann den Weg vom Ungleichgewicht zum Gleichgewicht, vom defizitären zum vollständigen Charakter."
Klingt das manchem bekannt? Ja, das gilt für Romane generell. Figuren müssen zum mindesten am Anfang ein Defizit, einen Mangel haben. Das ist das A und O aller ROmane. Denn aus diesem Defizit entwickelt sich der Konflikt und die Geschichte.
Konkret im Liebesroman: Ein junger Mann und ein schönes Mädchen treffen sich. Sie verlieben sich. Der Leser will, dass sie sich kriegen. Die Aufgabe des Autors ist es, das zu verhindern. Zumindest bis auf die letzten Seiten. Und dazu dienen die Defizite der Figuren. Denn die sorgen dafür, dass beide sich möglichst lange nicht kriegen. Weil die Frau ihrer selbst nicht sicher ist. Sich in einen anderen verliebt. Der Mann glaubt, dass ...
Egal was, Hauptsache, es ist etwas, das aus den Personen folgt. Die dürfen ruhig holzschnitzartig sein, aber auf keinen Fall perfekt. Sonst sind sie für den Liebes-Heftroman unbrauchbar.
Und es sollte einen zentralen Konflikt geben, der aus den Figuren folgt. Einen, nicht einen Gemischtwarenladen von Konflikten. Hier werden die meisten Autoren anderer Genres beifällig nicken. Denn das ist nichts Neues, neu ist, dass es eben auch im Heftroman nicht anders ist.
Liebes-Heftromane haben ihre Besonderheiten. Sie müssen genau 64 Seiten füllen, das verlangt die Drucktechnik. Jede Woche muss ein neues Heft erscheinen, das ist wie bei Zeitschriften. Und der Autor muss sie schnell schreiben, denn 700-900 Euro ist das übliche Honorar, also sollte er, will er nicht verhungern, mehrere pro Monat schreiben.
Natürlich gibt es vieles, dass dem Heftroman vom Kommerz vorgeschrieben wird. Schließlich müssen die Hefte verkauft werden und dürfen die Leserinnen und Leser nicht vor den Kopf stoßen. "Sex wird angedeutet, aber nicht ausgestellt. [...] Beschreiben Sie Sehnsucht und Begehren, aber schließen Sie die Schlafzimmertür von außen." In Zeiten, in denen so mancher Axolotl Roadkill immer noch glaubt, dass Sex Tabubruch sei, eine Haltung, die mittlerweile richtig sympathisch wirkt ;-).
Kommerz gilt im deutschen Buchmarkt oft als Pfui. Dabei heißt Kommerz: Ein Buch schreiben, das möglichst viele Leute lesen wollen. Nur so lässt sich nämlich Geld verdienen. Und Bücher werden nun mal nur dann oft gelesen, wenn sie eine gute Geschichte enthalten und handwerklich einwandfrei gebaut sind. Texte, die niemand lesen will, sind meist nicht künstlerisch wertvoll, sondern schlicht und einfach mißlungen.
So zeigt die Autorin auch Dinge, die in Schreibratgebern leider oft ein Mauerblümchendasein fristen. Dass zum Beispiel ein Szenenplan des eigenen Buches sehr nützlich ist, noch nützlicher ist ein Treatment. Und Sie beweist uns das, indem sie beispielhaft Einen erstellt. Auch das dürfte nicht nur Heftromanschreiber interessieren.
Anna Basener schreibt ebenso liebevoll, wie humorvoll über ihr Genre und was das von einem Autor verlangt. Nein, die Geschichte von Anni, die den verhängnisvollen Brautstrauß auffängt, ist nicht die Geschichte des Prinzen Christian, der sich in die Hilfsköchin verliebt, die ihm deswegen wegläuft. Auch Heftromane verlangen Abwechslung, auch Heftromane kann man nur schreiben, wenn man es eben kann.
Weil so vieles auch für andere Genres gilt, das Buch sich leicht liest und den Humor nicht vergisst, lohnt es sich auch für Autoren, die gar nicht vorhaben, Heftromane zu schreiben.
AutorenhomepageDas Buch bei Amazon
Weitere Rezensionen von Hans Peter Röntgen