Heartland. Roman.
Joey Goebel, Diogenes, Februar 2009


Heartland

»Solange er zurückdenken konnte, hatte sich Blue Gene Mapother nicht wohl gefühlt. Auf seinem schier endlosen Leidensweg musste er immer wieder an den Rat denken, den ihm das Familienoberhaupt erteilt hatte: »Warum tust du nicht einfach so, als wärst du glücklich?« Doch Blue Gene konnte weder heucheln noch lügen … ihm fehlten diese lebenswichtigen Fähigkeiten, die ein Mensch – anscheinend – haben musste, um nicht als Abfall der Gesellscha∫ zu enden. Falls ihn jemand gefragt hätte, was denn mit ihm los sei, hätte er darauf keine Antwort gewusst, weil er sich selbst nicht kannte. Er wusste nur, dass er sich ständig außerordentlich müde fühlte und dass noch so viel Schlaf das Loch nicht stopfen konnte, das diese Müdigkeit in sein Hirn gegraben hatte.«

Blue Gene hat alles, was zum Klischee des „White Trash“ in den USA gehört, der weißen Unterschicht: Tatoos, fettige Haare, T-Shirt mit abgeschnittenen Ärmel, liebt Wrestling und rauchen tut er auch.

Dabei stammt er aus bester Familie. Aus der Tabakdynastie Mapother, leider ist er das schwarze Schaf, er will nichts von der Familie wissen und die Familie nichts von ihm.

Doch die Familie hat einen Traum. Dass sie die amerikanischen Werte wieder zurück nach Amerika bringen will. Dazu soll Genes Bruder Henry in den Kongress, für Freiheit, Patriotismus und Irakkrieg. Es sind die hektischen Jahre nach dem 9.11., Bush auf dem Höhepunkt der Macht und patriotische Sprüche im Dutzend billiger zu haben.

Gene soll Henry unterstützen. Er kennt sich mit der Unterschicht aus, er soll Henry deren Stimmen bringen.

Der Wahlkampf, die Tricks, die Reden, die Versprechungen, da kann Goebel die Jahre des Irakkriegs zum Leben erwecken. Das ist der beste Teil des Romans neben einer anrührenden Liebesgeschichte.

Doch leider liebt Goebel auch viele Worte, er interpretiert seine Helden gerne, überlädt an manchen Stellen den Text mit endlos vielen Worten und die Familiengeheimnisse, die er aufdeckt, sind möglichst melodramatisch. Das ist der schlechteste Teil des Romans, da versinkt er in Langeweile, da werden die Figuren flach und über allem regiert das Klischee.

Mit John Irving wird er gerne verglichen, aber „Heartland“ hält diesen Vergleich nicht aus. Irvings Humor fehlt ebenso wie die Vielschichtigkeit. Heartland ist humorlos und hat nur eine Ebene, eben weil der Autor alles und jedes dem Leser haarklein erläutern muss. Da klingt auch der Stil manchmal so, als hätte Rosamund Pilcher das Buch geschrieben.

Schade. Das hätte ein gutes Buch werden können – wenn es 200 Seiten statt 700 Umfang gehabt hätte. So lese ich es mit gemischten Gefühlen, manchmal interessant, manchmal langweile ich mich schrecklich.

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