Das dunkle Haus. Krimi.
Saskia Noort, Wunderlich, September 2005


Bedrückender Psycho Thriller

"Als ich wach wurde, wusste ich nicht, wo ich war. Draußen dämmerte es und es stürmte immer noch. Der Wind pfiff ums Haus, aber drinnen war es totenstill. Merel lag nicht mehr neben mir. Ich richtete mich auf. Mein Kopf fühlte sich an, als hätte ich einen Schlag mit dem Holzhammer abbekommen. Ein dumpfer, hartnäckiger Schmerz pochte hinter meinen Augen, ich konnte sie nur halb öffnen. Ich musste mindestens vier Stunden geschlafen haben. Wie war das gleich? Ich war bei meiner Schwester. In Duinzicht, in Bergen. Jemand bedrohte mich. Eigentlich sollte ich jetzt in Utrecht sein"

Maria ist Sängerin in einer Band. Den großen Durchbruch hat sie nicht geschafft, doch sie kann davon leben. Ihr Freund Geert ist depressiv, weigert sich aber, eine Therapie zu machen. Schließlich schmeißt sie ihn aus der Wohnung. Dann entdeckt sie, das sie wieder schwanger ist. Von Geert. Sie lässt das Kind abtreiben.

Ihr Ex-Freund macht ihr deswegen eine Szene. Und plötzlich bekommt sie Post. Drohungen: Sie sei eine Schlange, eine Hure und werde bald ihre gerechte Strafe erhalten.

Dann brennt ihr Haus ab. Sie glaubt an Brandstiftung, die Polizei an unsachgemäß angebrachte Lampen.

Maria flüchtet zu ihrer Schwester, in ihr altes Elternhaus. Doch jetzt geht der Terror erst richtig los. Ist Geert der anonyme Schmierfink? Oder ihr Exfreund Steve, der nach vielen Jahren plötzlich wieder in Amsterdam auftaucht? Stecken militante Abtreibungsgegner dahinter? Wird sie verrückt wie ihre Mutter, bildet sich alles nur ein, leidet unter Paranoia? Vielleicht haben wirklich nur die Lampen einen Brand ausgelöst?

Wie kann sie ihre Kinder Merel und Wolf schützen? Taugt sie überhaupt als Mutter? Schließlich arbeitet sie als Sängerin in einer Band, hat einen chaotischen Haushalt, keinen festen Stundenplan und oft keine Zeit für den Nachwuchs. Vielleicht steckt in den Briefen doch ein Funke Wahrheit, vielleicht ist ihr ihre Karriere wichtiger als Merel und Wolf? Kann sie überhaupt noch Karriere machen, ist sie gut genug dafür, nicht längst schon zu alt, eine Looserin auf dem Laufsteg des Lebens? Und dann kommen auch die Erinnerungen aus der Kindheit wieder hoch, Erinnerungen, die sie längst zu den Akten gelegt zu haben glaubte.

Wer immer ihr droht, er versteht es blendend, ihre Ängste für sich nutzbar zu machen. Und weil Maria eine so lebendige Person ist, weil die Drohungen so geschickt auf dem Klavier ihrer Ängste spielen, wirken sie auch für die Leser so bedrohlich. Hat nicht jeder von uns seine Ängste, die er tief in sich zu vergraben sucht?

Saskia Noort hat eigentlich keinen Krimi geschrieben, sondern einen Psychothriller. Er beginnt etwas hölzern, schwerfällig, lässt Klischees a la "starke Superfrau" oder "kann nicht einparken" fürchten. Doch die Autorin weiß ihre Heldin bald so sorgfältig zu zeichnen, dass dies schnell vergessen ist. Nur die zwei letzten Kapitel wirken wieder etwas steif.

Und obwohl man ab der Mitte ahnt, wer hinter allem steckt, lässt das Buch den Leser nicht mehr los. Denn die Autorin hat keine Angst vor Gefühlen und auch nicht vor dem Abgrund "Klischee", auf den sie oft direkt zuzusteuern scheint - um im letzten Moment dann doch noch die richtigen, die ehrlichen Worte zu finden und haarscharf daran vorbeizuschreiben. Aber ist nicht grade das die große Kunst?

Fazit: Psychothriller, den sie nicht lesen sollten, wenn sie allein in der Wohnung sind.

Leseprobe
Homepage der Autorin

Über die Autorin: Die Holländerin Saskia Noort (Jahrgang 1967) ist freischaffende Journalistin und schreibt für verschiedene Zeitschriften, u.a. die niederländische "Marie Claire". Mit ihrem Erstling "das dunkle Haus" schaffte sie aus dem Stand den Sprung in die niederländischen Bestsellerlisten.

Das dunkle Haus, Saskia Noort, Krimi, Wunderlich, September 2005
Originaltitel: Terug naar de kust, aus dem Niederländischen von Annette Wunschel
ISBN 3-8052-0798-0, gebunden, 304 Seiten, Euro 17,90

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