Großvater und die Wölfe. Roman.
Per Olov Enquist, Carl Hanser Verlag 2003
(aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt)
Vom Krokodil gebissen"Eines Nachts, als Mina gerade eingeschlafen war, wurde sie von einem Krokodil in den Po gebissen. Es war das erste Mal, dass Mina von einem Krokodil gebissen wurde, denn sie war erst sechs Jahre alt. Sie erwachte und spürte, dass es wehtat. Zuerst lag sie nur da und fühlte nach, wie weh es tat, ob es riesig weh tat oder nur ein bisschen weh oder ob es nötig war, zu brüllen, wie verrückt, damit Papa und Mama kamen."
Es ist Sonntag früh um acht und niemand versteht Mina, die Erwachsenen wollen schlafen "Versteh doch, ich muss schlafen, es ist Sonntag", sagen sie. Doch Gott sei Dank ist da noch Großvater, "er legte nie den Hörer auf und seine Ratschläge waren echt super, obwohl alle anderen Erwachsenen fanden, dass sie schlecht waren. Er kannte auch prima Witze über Kacke, und wenn sie beim Essen saßen, erzählte er manchmal Pupsgeschichten [...] Dann wurde Minas Mama Jenny fast jedes Mal böse und nahm ihn am Arm und schubste in die Toilette und da musste Großvater zur Strafe eine Stunde lang sitzen."
Auch diesmal weiß Großvater Rat. Er lädt Mina, ihre Schwester Moa, ihre Cousine Ia und dessen Bruder Marcus zu sich nach Wärmland ein. Dann schlägt Großvater auch noch eine Expedition vor. Auf den Drei Höhlenberg. Über Nacht! Mit Basislager!
Keine Gefahr, wenn die Mannschaft zusammenhält, behauptet er. Die Eltern sollten lieber nichts davon wissen, Eltern machen sich immer Sorgen.
Ganz so ungefährlich ist es dann doch nicht, auch wenn Großvater, seine Hündin Mischa und die vier Kinder wirklich zusammenhalten. Denn man kann hinfallen und da gibt es auch noch die Wilderer, die Wolfsmörder.
Eine spannende, farbige Geschichte hat Enquist sich ausgedacht, konsequent aus der Kinderperspektive erzählt und Leonard Erlbruch hat sie einfühlsam illustriert. Vor allem zum Vorlesen, aber auch zum selber Lesen ab sechs geeignet.
Zwei Punkte sind mir aber aufgestoßen: Für eine realistische Geschichte sind Wolf und Bär zu harmlos, zu menschlich geraten. Doch das mag auch nur mein Vorurteil sein.
Ganz sicher für Kinder schwer zu begreifen, ist aber, warum die Deutschen böse sind oder waren. Denn das hat mit der Geschichte nichts zu tun, sondern mit den Nazis. Und das ist wieder eine andere Geschichte.Über den Autor: Per Olov Enquist, geboren 1934, lebt in Stockholm, arbeitete als Literatur- und Theaterkritiker und ist einer der erfolgreichsten schwedischen Autoren.
Per Olov Enquist, Großvater und die Wölfe,
aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt,
Illustriert von Leonard Erlbruch,
Carl Hanser Verlag Gebunden, 115 Seiten, 11,90 €
ISBN 3-446-20345-1, 2003
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