Das Gesicht des Todes. Sachbuch.
Toni Feller, Heyne, März 2011

Das Gesicht des Todes

Seit 1985 ist er bei der Mordkommission in Karlsruhe, verglichen mit München oder Berlin eher ein ruhiges Plaster. Aber 2-10 Morde pro Jahr sind zwar nicht so spektakulär wie die zahlreichen Großstadtfälle, doch bedrückend sind sie allemal.

Vor allem, dass die Opfer meist ausgeblendet werden, stört Feller. Dass die Mörder große Publizität geniessen, oft ihre Privatsphäre geschützt wird, aber niemand an die Opfer denkt. Da hat er sicher recht - und doch nützt diese Erkenntniss leider wenig. Denn auch in seinem Buch stehen die Täter im Vordergrund. Kein Wunder bei einem Mordermittler, dessen Aufgabe es nun mal ist die Mörder zu fassen. Aber auch die Öffentlichkeit - und das sind wir alle - interessiert sich meist viel mehr für die Taten und die Täter als für die Opfer. Das gilt nicht nur für die Täter aus der RAF. Mit deren Taten wurde er als junger Polizist konfrontiert. Wie aufgeheizt die Atmosphäre damals war, zeigt sein Bericht, als er mit einem älteren Kollegen aufgrund einer Zeugenaussage die angebliche Zuflucht Christian Klars mit gezogener Pistole stürmt. Doch statt eines gefährlichen Mörders erwischen die Beamten nur einen Transvestit, der zwar auch nicht ganz gesetzeskonform handelte - er hatte sein Gewerbe (Prostitution) nicht ordnungsgemäß angemeldet - aber ganz sicher nicht der gefährliche Verbrecher war, den man normalerweise mit gezogener Pistole verhaften würde. Dafür lehrte es den jungen Polizisten einiges, als er die Blicke der Kollegen sah, die dem Transvestiten auf dem Revier begehrlich folgten, ohne zu ahnen, dass sie einem Mann hinterher starrten und keiner Frau. Auch eine Lehre für den jungen Mann.

Ganz unterschiedlich sind die Fälle. Inge Mack, die immer wieder an die falschen Männer geriet und einen davon töte, ein mildes Gericht fand und selbst Feller hatte irgendwo Mitleid mit der Täterin. Der Amokläufer, der eine Spur des Todes hinter sich herzieht und nur mit Mühe und zahlreichen Polizisten endlich gefasst werden konnte; der Freigänger, der Freigang bekam, obwohl im ersten Gefängnis sowohl der Gefängnisdirektor wie der Psychiater dringend davon abrieten, der aber über seine Familie und deren Verbindungen zu Landtagsabgeordneten dann doch Freigang zugesprochen bekam, sofort wieder mordete und nur mit Schwierigkeiten überführt werden konnte. Eine Leiche, die verbrennen sollte, aber noch rechtzeitig gefunden wurde. Ein Mordfall ohne Leiche, der Täter ein Junge aus gutem Hause, mit Rechtsverdreher von den Eltern bezahlt und zwei Schwerkriminelle, die aus Mitleid mit dem Opfer die Wahrheit sagten und so doch zur Verurteilung führten. Ein brutaler Schwulenmord und eine Mutter, die ihr Kind verbrannte und der Feller auf die Spur kam, weil er einmal ein psychologisches Gutachten über "Deprivationsstörungen" gelesen hatte, das ihn jetzt auf die richtige Fährte setzte. Und wieder Heinrich Pommerenke, der in den Fünfziger Jahren bewies, dass auch in der guten alten Zeit nicht alles friedlich war.

Mit vielen interessanten Details, Beispielen, dass die Rechtsmedizin auch irren kann, wie alle Menschen und manchmal deshalb die Ermittlungen behindert, ebenfalls viele Zitate aus Interview ist es ein informatives Buch. Der Schreibstil allerdings ist gewöhnungsbedürftig, manchmal holpert er und so sicher wie sein Kollege Josef Wilfert in „Abgründe: Wenn aus Menschen Mörder werden“ formuliert Toni Feller nicht.

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