Der Gesandte des Papstes.
historischer Roman.
Christoph Lode, Page & Turner, Februar 2008


"Vielleicht war es die kalte Luft, vielleicht aber auch der Gedanke an einen möglichen Wintereinbruch, die seinen Rachen reizten. Raoul hustete derart heftig, dass er sich auf dem Fenster abstützen musste, bis der Anfall vorüber war. Himmel, wann hört das endlich auf?, dachte er, als sich der Schmerz in seiner Brust legte. Der Husten war das Überbleibsel eines leichten Fiebers vor fünf Wochen. Blaise, der Leibarzt der Familie, hatte ihm, bevor er nach Speyer abgereist war, geraten, weniger zu feiern, früher ins Bett zu gehen und eine Weile die Finger von den Mädchen zu lassen. Blaise hatte zu lange die Heilkunst der Sarazenen studiert, um noch zu glauben, Krankheiten seien der gerechte Lohn für Sünden. Aber als der alte Arzt auf sein Pferd aufgestiegen war, hatte Raoul ein Aufflackern von Schadenfreude in den dunklen, stechenden Augen gesehen. Er konnte Blaises Gedanken förmlich hören: Das hast du jetzt davon, du Schürzenjäger."

Den jungen Ritter Raoul plagt seit ein paar Wochen ein Husten. Und als er dabei ein paar Blutstropfen ausspukt, bekommt er es doch mit der Angst und sucht den Leibarzt seiner Familie auf. Bald ist klar, dass er zwar nicht die Schwindsucht, aber ein tödliches Geschwür in der Lunge hat. Ein Jahr hat er noch zu leben.

Das schockiert den lebenslustigen, ganz dem Diesseits zugewandten Ritter. Was wird bleiben, wenn er gestorben ist? Dass er einmal gegen Raubritter in den Vogesen zu Felde zog? Er beschließt, eine Wallfahrt nach Rom zu machen, um Vergebung für seine Sünden zu bitten, sich weniger dem Diesseits, um so mehr dem Jenseits zu zuwenden. Bald aber erkennt er, dass auch dies ihn nicht tröstet.

Da rettet er einem Kardinal bei einem Überfall das Leben. Und der bietet ihm einen Auftrag an, für den er einen Ablass für all seine Sünden vom Papst erhalten soll. Raoul schlägt ein, nicht nur seines Seelenheils wegen, mehr noch lockt ihn die Aussicht, vor seinem Tod doch noch etwas bemerkenswertes zu vollbringen.

Er soll ins heilige Land ziehen. Wir schreiben 1303, die letzten Kreuzritter wurden vom Sultan vor wenigen Jahren von dort vertrieben, aber der heilige Stuhl hat immer noch Kontakte dort und einem davon muss eine wichtige Botschaft überbracht werden. Es geht um das Szepter des heiligen Antonius, dessen wahrer Ort in einem alten Manuskript beschrieben wird. Dem Szepter sollen magische Kräfte innewohnen. In Jerusalem angekommen, entdeckt Raoul, dass es mit der Briefübergabe nicht getan ist.

Denn nicht nur der Papst greift nach diesem wundertätigen Stab, auch der Sultan in Kairo hört davon und sendet seinen Wesir mit einer Bande kampfkräftiger Söldner aus. Offenbar handelt es sich um mehr als eine Reliquie. Bald verfolgen sich die beiden Gruppen. Und da ist noch ein geheimnisvolle Dritte, angeblich eine arabische Prinzessin, die ebenfalls der Spur folgt.

Von Jerusalem geht die Reise nach Edessa, nach Konstantinopel, weiter nach Trapezunt, durch die Berge in die Hochebenen um den Ararat nach Armenien. Hier herrschen die Ilkhane, die Mongolen, mit denen die Armenier zwar einen Pakt geschlossen haben, doch mittlerweile ist das Land durch Aufstände und brutale Vergeltungsmaßnahmen unsicher und gefährlich geworden.

Christoph Lode entführt uns in Länder und Zeiten, die in historischen Romanen höchst selten auftauchen. Wer weiß schon etwas über die Ilkhane, die Mongolen und die armenischen Fürstentümer? Und auch seine Helden sind ungewöhnlich. Raoul, der das Leben nimmt, wie es kommt, so gar nicht religiös und kein Wunder, dass das Gespenst des nahenden Todes sich nicht durch fromme Gebete und Pilgerfahrten vertreiben lässt. Sein Gegenspieler, ein Beduine, der seinen ganzen Stamm durch ein Massaker verloren hat, versklavt wurde und sich nun als Söldnerführer durchs Leben schlägt. Der Wesir, der eigentlich viel lieber Gedichte schreiben würde, statt mit einer Horde Barbaren dem fragwürdigen Stab eines Christen nachzujagen. Und nicht zuletzt der heilige Antonius, wo wurde er denn wirklich geboren und warum jagen die Mächtigen dieser Welt seinem Stab nach? Und was hat es mit den Versuchungen auf sich, die ihm der Teufel in Form nackter Frauen gesandt haben soll?

Eine Geschichte mit ungewöhnlichen Schauplätzen, prall voll Abenteuern und farbigen Landschaftsschilderungen; mit immer neuen Ausblicken und unerwarteten Wendungen wie die mühseligen Wege durch unwegsame Pässe, durch die sich unsere Helden quälen müssen. Ein wenig hätte ich mir gewünscht, dass Raoul, seine Krankheit und wie sich sein Verhältnis zu Frauen dadurch ändert, mehr Raum bekäme. Auch warum die Verlagskaufleute diesen langweiligen Titel für das spannende Buch wählten, wo sich "das Antoniusszepter" oder "der Antoniusstab" direkt anbieten würden, bleibt Geheimnis des Verlags.

Doch auch so ist es ein Pageturner geworden, der den Leser auf jeder Seite fesselt.

Fazit: Wer unbekannte Länder bereisen, einmal Geschichte nicht im gängigen Kostüm erleben möchte, der ist hier genau richtig.

Leseprobe
Autorenhomepage

Der Gesandte des Papstes, Christoph Lode, historischer Roman, Page & Turner, Februar 2008
ISBN 978-3442203260, gebunden, 480 Seiten, Euro 19,95

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