Fühl mal, Schätzchen. Roman.
Ulrike Linnenbrink, Shaker Media 2007


Szenen einer Ehe

"Nie wieder", schwöre ich meinem Spiegelbild, "nie wieder wird dieses Arschloch das mit mir machen!"
Wütend betupfe ich die Verletzungen in meinem Gesicht. Noch immer sickert Blut aus dem Riss unterm Nasenflügel, aus der geplatzten Oberlippe, die inzwischen heftig angeschwollen ist. Auch die Gegend um das rechte Auge scheint kräftig etwas abbekommen zu haben. Morgen werde ich mit einem herrlichen Veilchen durch die Gegend laufen. Was soll ich den Leuten bloß wieder erzählen?

Lisa war glücklich verheiratet. Doch das ist lang her, denn ihr Mann wurde arbeitslos und fing an, zu trinken. Seitdem verprügelt er sie regelmäßig im Suff.

Eines Tages, als er sie obendrein auch noch vergewaltigt, klickt sie aus. Ihr Mann schnarcht im Dachgeschoß den Rausch aus und Lisa steckt ihm eine brennende Zigarette zwischen die Finger. Sie achtet darauf, dass die naheliegende Zeitung in Brand gerät und verlässt das Haus.

Ihr Plan gelingt, doch nicht ganz. Das Haus brennt ab, doch ihr Mann kann sich durch einen beherzten Sprung in den Gartenteich retten. Niemand verdächtigt Lina, dass sie ihre Hand im Spiel hatte. Ganz im Gegenteil. Ihr Mann zeigt Reue, schwört Besserungen, er wird den Alkohol lassen und sie besser behandeln. Zwei Monate klappt das auch. Dann schöpft er Verdacht, dass der Brand vielleicht nicht so zufällig war wie gedacht. Er fängt wieder das Trinken an und ein Psychoterror ganz eigener Art beginnt ...

Als Frauenbuch erschien es erst bei Lübbe, jetzt hat es Shaker Media wieder aufgelegt. Eigentlich ist es weniger ein Frauenbuch, als vielmehr ein Psychothriller, ein höchst realistischer zudem. Von einem Mann, der die Fassade des Erfolgs aufgesetzt hat und abstürzt, als diese einstürzt, von King Alk, der ihn endgültig zerstört und einer Frau, die sich von ihrem Mann nicht lösen kann, egal, wie schäbig er sie behandelt.

Beklemmend schildert uns die Autorin diese Entwicklung, die erst in einem Mordversuch gipfelt, dann in scheinbarer Versöhnung, und wie die Geschichte immer weiter auf den Abgrund zu taumelt. Anfangs beginnt das Buch eher ruhig, doch dann packt es den Leser und lässt ihn nicht mehr los. Zumal die vorgestellte Konstellation - sieht man vom Mordversuch ab - so selten gar nicht ist und sehr realitätsnah geschildert wird.

Ein Buch über Menschen, die nicht miteinander reden, die getrimmt wurden, den schönen Schein aufrecht zuhalten und darüber, was passiert, wenn dieser in Stücke geht. Ein wenig erinnert es an Maigrets Meisterwerke, ein wenig an Patricia Highsmith. Nur am Anfang gibt es ein, zwei Szenen, da merkt man, dass das Buch Anfang der Neunziger geschrieben wurde: Da wird es ein bisschen zu plakativ. Aber das sind wirklich wenige Seiten.

Fazit: Ebenso spannender wie bedrückender Psychothriller.

Leseprobe
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Über der Autorin: Ulrike Linnenbrink wurde 1947 im Ruhrgebiet geboren, studierte an der pädagogischen Hochschule Münster, war bis 1993 als Lehrerin an verschiedenen Haupt- und Grundschulen im Ruhrgebiet und im Münsterland tätig. Seit 1996 lebt sie als freie Autorin in einem kleinen Dorf im Münsterland.

Fühl mal, Schätzchen, Ulrike Linnenbrink, Roman, Shaker Media 2007
Paperback, 212 Seiten, ISBN: 978-3-940459-17-6, Preis: 14,90 EUR

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