Faunblut. Jugend-Fantasy.
Nina Blazon, cbt, Dezember 2008

faunblut

»Auf den ersten Blick sahen sie erschreckend menschlich aus. Soweit Jade von ihrem Platz im Schatten der Mauer erkennen konnte, waren es nur zwei Gestalten. Sie standen mitten auf dem alten Rathausplatz und starrten nach oben, zu den gezackten Ruinenrändern der Häuser, die in den wirbelnden Wolkenhimmel ragten. Beide waren von Kopf bis Fuß verhüllt, aus dem Saum troff schmutziges Wasser. Sogar die Köpfe hatten sie bedeckt - der eine mit einem lumpigen Fetzen, der andere mit etwas, das ein Stück von einem feinmaschigen Fischernetz sein mochte. Im fahlen Licht des Frühsommermorgens lagen ihre Gesichter im Schatten, sodass es aussah, als stünden auf dem verlassenen Rathausplatz körperlose Wesen - Gespenster der ehemaligen Bewohner, die vor ihren zerstörten Behausungen warteten, wo Fensterhöhlen, so leer wie ihre unsichtbaren Gesichter, erbarmungslos gleichgültig zurückstarrten.
Jade drückte den Rucksack an ihre Brust und wich zur Mauer zurück. Obwohl der Morgen so kühl war, dass sie ihren Atem sehen konnte, fühlte sie sich plötzlich, als würde sie vor Fieber glühen. Sie atmete tief durch, um die Furcht nicht übermächtig werden zu lassen. Sie wusste, sie sollte so schnell es ging von diesem Ort verschwinden, dennoch blieb sie stehen, unfähig, den Blick abzuwenden. Gegen ihren Willen fasziniert verfolgte sie die geschmeidigen Bewegungen«

Lady Tod regiert in der Hafenstadt an der Wila. Mit ihren Jägern, den zwölf Lords und den anderen Gefolgsleuten im Winterpalast herrscht sie über die Menschen in der Altstadt, die rechtlos sind, in verfallenden Gebäuden leben.

Jade lebt bei ihrem Vater, etwas näher am Palast, in einem Hotel, das früher einmal prunkvoll war, aber jetzt ist es heruntergekommen. Der Fahrstuhl droht ständig abzustürzen und Strom gibt es nur manchmal.

Dann tauchen die Echos wieder auf, seltsam durchscheinende Gestalten, die Menschen jagen und Wasserblut fliesst in ihren Adern. Die Jäger der Lady werden ihrer nicht Herr und so engagiert diese zwei Männer aus dem Norden, die im Hotel absteigen mit unendlich vielen Kisten, in denen es scharrt und faucht und manchmal sieht man durch einen Spalt ein böses Auge durchblitzen. Seltsam sind diese Männer des Nordens, die auch Nachts sehen können. Handelt es sich überhaupt um Menschen? Faun, einer der beiden, fasziniert Jade und stösst sie ab. Und ausgerechnet in diesen Helfer der Lady muss sie sich verlieben! Sie versteht sich selbst nicht mehr.

Nina Blazon hat einen poetischen, spannenden Fantasyroman vorgelegt, ein wenig Stephanie Meyer, ein wenig Romeo und Julia und sehr viel Nina Blazon. Der alte Fluss Wila mit seinen Geheimnissen, die Geschichte dieser Hafenstadt, die scheinbar keiner der Einwohner mehr kennt, ein Hintergrund, der ein wenig an das Baltikum erinnert und gar nicht an Mittelalter und das alles kunstvoll verwebt. Nichts ist so einfach, wie es am Anfang scheint und die politischen Verwicklungen zeigen einmal mehr, dass Fantasy vielleicht eskapistisch ist, aber dennoch und trotzdem politische Fragen widerspiegeln kann. In diesem Fall die alte Frage: Welche Partei sollte man unterstüzten, wenn sich herausstellt, dass beide Dreck am Stecken haben, haben müssen?

Fazit: Unbedingt lesenswert!


Leseprobe

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Faunblut, Jugend-Fantasy, Nina Blazon, cbt, Dezember 2008
ISBN-13: 978-3570160091, gebunden, 478 Seiten, Euro 18,95


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