Das Evangelium nach Jimmy. Roman.
Didier van Cauwelaert, Rütten & Loening, Februar 2006


Welche DNA hat Gott?

"Darf ich sie daran erinnern, dass Jimmy vor allem eins sein sollte : Ein Geschenk. Der Präsident wollte dem Vatikan lediglich einen Gefallen tun. Ziel war es, einen schlüsselfertigen Messias zu liefern."

Jimmy repariert Schwimmbäder. Außerdem trauert er seiner Geliebten nach, die sich nicht nur von ihrem Mann getrennt hat, sondern auch von ihm.
Da erscheinen drei Männer, Abgesandte des amerikanischen Präsidenten und eröffnen ihm, dass er das Ergebnis eines Klonexperimentes sei. Er hat die Gene von Jesus Christus, die aus dem Grabtuch von Turin gewonnen wurden, das in Wirklichkeit doch echt sei und soll der zweite Messias werden. Natürlich muss er für seine Rolle vorbereitet werden, schließlich ist Jimmy nicht religiös und Wunder hat er bisher auch keine gewirkt. Doch das soll sich bald ändern ...
Jesus war ein Mensch und folglich muss er Gene und eine DNA gehabt haben. Die kann man klonen, vorausgesetzt, man hat eine echte Reliquie mit echtem Jesus-Blut. Und ein neuer Messias, der die Welt rettet, einer, der sowohl die Christen, wie die Juden und Muslims anspricht, das ist die Grundidee Cauwelarts Roman. Was witzig und absurd anfängt, entwickelt sich bald weiter und wird böser Ernst, bittere Satire: Denn was würde der Vatikan zu einem solchen Klon sagen? Was die einflussreichen amerikanischen Fernsehkirchen? Was ein republikanischer Präsident, der homosexuell ist und seinen Geliebten mit Segen der Kirche heiraten will?
Und welche Hoffnungen, welche Befürchtungen würde er bei Millionen von Gläubigen wecken? Werden sie ihn anerkennen? Wird es eine Internet-Abstimmung geben, ob er der Sohn Gottes ist?
Der Roman geht all diesen Fragen nach, erstaunt den Leser immer wieder durch überraschende, aber durchaus konsequente Wendungen. In der Mitte allerdings hängt er ein wenig durch, kreist um sich selbst, da hatte ich als Leser das Gefühl, der Autor weiß nicht recht weiter, war versucht, das Buch aus der Hand zu legen. Doch dann zieht er wieder an und schlägt den Leser in Bann.
Ein wenig fragt man sich auch, ob der Autor nicht allzu leichtfertig daran glaubt, das Grabtuch von Turin sei tatsächlich aus der Zeit Jesu. Dennoch sind die Folgen, die sich ergeben, wenn jemand tatsächlich die DNA von Jesus Christus findet und damit einen Menschen klont, konsequent zu Ende gedacht.
Wäre ein Mann mit Jesus Genen ein Gott? Oder ein Geschöpf des Teufels, denn Gott lässt sich nicht in Gene bannen, nicht in DNA Sequenzen beschreiben? Und wie würden all die Kirchen und Gläubigen damit umgehen?

Fazit: Hat Gott eine DNA? Wer an intellektuellen Rätseln, theologischen Spekulationen seine Freude hat, wird dieses Buch lieben.


Leseprobe

Über den Autor: DIDIER VAN CAUWELAERT wurde 1960 in Nizza geboren und schreibt seit seiner Jugend. Seine Bücher wurden mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet, für den Roman "Das Findelkind" erhielt er 1994 den Prix Goncourt. Seine Werke sind in über zwanzig Sprachen übersetzt. Heute lebt er in Paris.

Das Evangelium nach Jimmy, Didier van Cauwelaert, Roman, Rütten & Loening, Juni 2006
Originaltitel: L'Èvangile de Jimmy, aus dem Französischen von Olaf Matthias Roth
ISBN 3352007330, gebunden, 406 Seiten, Euro 19,90

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