Die Kunst des Drehbuchlesens.
Olivier Schütte, Bastei-Lübbe 1999
Texte beurteilen"Wer eine Geschichte erzählt, wird dies immer für andere Menschen tun. Wenn etwas erzählt wird - unabhängig von dem Medium, in dem dies geschieht - dann führt das bei dem Publikum zu einer Reaktion. [...] Denn auch einschlafen oder sich langweilen ist eine Reaktion. Und die Wirkung ist abhängig davon, was und wie es erzählt wird. Dies ist die Basis allen - also auch des filmischen - Erzählens. [...]
Es handelt sich bei den dramaturgischen Regeln also nicht um Gesetze, die zu irgendeinem Zeitpunkt erlassen worden sind, sondern um Erfahrungen [...]. Von Aristoteles über Lessing bis heute hat es immer wieder Gelehrte und Schriftsteller gegeben, die sich mit der Dramaturgie des Erzählens befasst haben."
Die Kunst des Drehbuchlesen will nicht das Schreiben von Drehbüchern lehren, sondern das kritische Lesen, wie man Stärken und Schwächen eines Buches erkennt. Schwerpunkt ist dabei die Dramaturgie und deshalb ist es auch für Romanschriftsteller interessant. Es zeigt nämlich, wie man in einem Text erkennt, wo Änderungen angebracht sind, wo die Handlung oder die Figuren durchhängen, aber auch, was der Kern und die Stärke der Geschichte ist.
Schütte behandelt die Figuren, den Konflikt, das Thema, die Struktur und Dramaturgie, die einzelnen Szenen und liefert eine ausführliche Frageliste für die Beurteilung eines Buches mit. Alle Beispiele, die er wählt, sind deutsche Filme. Schwerpunkt ist immer die Dramaturgie, da es sich um Drehbücher handelt.
Das Buch ist verständlich geschrieben, logisch und nachvollziehbar aufgebaut. Wer sich sich allerdings schon längere Zeit mit der Beurteilung von Texten befasst, wird nur bedingt neues entdecken.
Da jeder Buchautor sein Projekt, wenn die erste Fassung steht, beurteilen muss, sollte er seinen Text möglichst mit den Augen eines Lesers sehen können. Von daher ist Die Kunst des Drehbuchlesens auch für Romanautoren nützlich, vor allem solchen, die es noch wenig Übung darin haben, dem eigenen Text objektiv zu betrachten. Natürlich sollte man den Text nicht als Bibel betrachten, aber das gilt schließlich für alle Schreibbücher.Über den Autor: Oliver Schütte ist seit 1986 Autor für Film und Fernsehen. 1995 wurde er Leiter der Ausbildungsinstitution Master School Drehbuch.
Olivier Schütte, Die Kunst des Drehbuchlesens, Bastei-Lübbe, 1999, ISBN 3-404-94003-2
TB, 238 Seiten, 14,90€
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