Einfach Bindy. Jugendroman.
Alyssa Brugman, Hanser, August 2006


"Jedenfalls war Dad in dieser komplizierten Hannah-Sache keine große Hilfe. Es hatte auch keinen Zweck mit Mum darüber zu reden. Auf Gespräche über wichtige Angelegenheiten war sie nicht scharf. Sie verwendete ihre ganze Energie darauf, zu vertuschen, dass sie einen neuen Freund hatte.
Ich wollte mit Kyle reden, aber als ich bei ihm anklopfte, sah er nicht mal vom Computerbildschirm auf. "Was willst du, Spotty?", sagte er.
"Kann ich mal mit dir reden?"
"Unmöglich! Bis zu diesem Level bin ich die ganze Woche noch nicht gekommen."
Nein, ich war allein."

Bindy geht in die siebte Klasse. Seit sie denken kann, ist Janey ihre beste Freundin. Doch jetzt hängt die immer mit Hannah herum, über deren kurze Röcke beide früher lästerten. Hält Hannah sich nicht für etwas besseres? Jedenfalls ist Bindy jetzt das fünfte Rad am Wagen. Janey interessiert sich für Jungs, trägt scharfe Sachen und will heimlich ausgehen. Bindy ist das alles zu viel. Gegenüber Jungs fühlt sie sich unsicher. Das jagt ihr Angst ein. Was soll sie nur sagen, als James sie fragt, ob er sie küssen darf? Oder mit ihr gehen will?

Auch sonst gerät die Welt immer mehr in Unordnung. Im Sportunterricht entfährt ihr ein besonders peinlicher Furz. Alle hänseln sie deswegen. Ihre Mum holt sie regelmäßig zu gemeinsamen Unternehmungen ab. Aber was soll sie mit ihr reden? Sie lebt in ihrer eigenen Welt der erfolgreichen Managerin. Und dann kommt auch noch heraus, dass ihr geliebter, angebeteter Dad keineswegs so vollkommen ist, wie gedacht.

Obendrein liegen Janeys Mum und Bindys Dad eines Tages im gemeinsamen Bett. Wird Janey, die sie mittlerweile hasst, jetzt in ihr Zimmer einziehen? Nichts scheint mehr sicher.

Alyssa Brugman hat einen Roman über das Erwachsenwerden geschrieben, der weit über "beste Freundin mag mich nicht mehr"-Zickenerlebnisse hinausgeht. Bindy sieht plötzlich die Welt der Erwachsenen mit ganz anderen Augen, erfährt Dinge, die sie bisher nicht für möglich hielt. Früher gab es gute Menschen und schlechte, jetzt ist das nicht mehr so sicher. Beziehungen ändern sich, zu Mum, zu Dad, zu Janey. Nichts ist mehr eindeutig. "Niemand mag mich", ist eine Zeitlang ihr beherrschender Eindruck, bis sie entdeckt, dass auch das nicht stimmt. Die Welt lässt sich nicht mehr trennen in "Gut" und "Böse", nichts ist mehr so einfach wie früher.

Lebendige Figuren tauchen in diesem Roman auf und eine Heldin, die diese Personen plötzlich mit erwachsenen Augen sieht, sehen muss. Gar nicht so einfach. Ein Mädchenroman, so stellt ihn der Verlag uns vor, aber es ist viel mehr, weil die Autorin so gekonnt aus den Figuren die Handlung entwickelt und zeigt, wie schmerzlich es sein kann, wenn plötzlich die kindliche Schwarz-Weiß Welt Farbe bekommt, Zwischentöne, nicht alles sich in "Gut" und "Schlecht" trennen lässt. Lediglich ganz am Schluss macht sie es sich etwas einfach, als sie eine der Personen plötzlich über Nacht völlig unvermutet nach Malaysia entfliehen lässt.

Fazit: ein faszinierender Roman über Beziehungen, Personen und wie die Wahrnehmung sich ändert, wenn man erwachsen wird.

Über die Autorin: Alyssa Brugman wurde 1974 Rahtmines (Australien) geboren und hat fünf Schwestern und vier Brüder. Sie studierte in Newcastle Wirtschaft und arbeitete im Marketing, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie gilt als eine der neuen jungen Stimmen der australischen Literaturszene.

Einfach Bindy, Alyssa Brugman, Jugendroman, Hanser, August 2006
Originaltitel: Being Bindy, aus dem australischen Englisch von Ulli und Herbert Günter
ISBN 10: 3-446-20786-4, ISBN-13: 978-3-446-20786-8, gebunden, 203 Seiten, Euro 14,90

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