Projekt Babylon. Roman.
Andreas Wilhelm, Limes, Februar 2006


"Mit einem Mal flackerten die Flammen der behelfsmäßigen Fackel und erloschen. Der Schäfer stand in völliger Dunkelheit. Ärgerlich kramte er nach seinem Feuerzeug, als er einen bläulichen Schein wahrnahm. Zunächst wunderte er sich, woher denn jetzt schon Mondlicht kommen könne, da es doch grade erst zu dämmern begonnen hatte und der Himmel zudem noch wolkenverhangen sein müsste. Doch dann wurde ihm bewusst, dass der Schein nicht vom Höhleneingang, sondern aus dem Inneren kam. Und während sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, machte er mehr Einzelheiten aus. Der Gang weitete sich und führte um eine Ecke, hinter der der Schein am stärksten war.
Die Neugier siegte über seine Bedenken und der Schäfer wagte sich tiefer in die Höhle hinein, wie magisch angezogen vom schimmernden blauen Licht. [...]
Ein gellender Schrei hallte durch die Höhle. Augenblicke später hetzte der Schäfer ins Freie. Seine Augen waren weit aufgerissen, seine Hände umklammerten seinen Kopf, rasend raufte er sich die Haare, zerkratzte sich die Kopfhaut mit den Fingernägeln, so dass ihm Blut die Schläfe hinablief."

Ein Höhle in den Pyrinäen birgt ein Geheimnis. Nicht nur sind die Wände mit Schriftzeichen aus aller Herren Länder bemalt, außerdem sperrt ein blaues Leuchten den hinteren Teil. Wer hindurchgeht, riskiert seinen Verstand. Mit modernen Messgeräten lässt sich der hintere Teil der Höhle nicht untersuchen.
Ein englischere Historiker und ein französischer Archäologe sollen das Geheimnis im Auftrag der UNO lüften. Doch warum sichert diese die Höhle ab, als handle es sich um eine geheime Militäranlage? Ist die junge deutsche Sprachwissenschaftlerin, die ihnen von der UNO als Hilfe zugeteilt wird, nur einfach eine clevere Frau oder weiß sie mehr als sie zugibt?
Bald interessieren sich auch zahlreiche konkurrierende Esoterikbünde für das Geheimnis und der Bürgermeister des Ortes bleibt auch nicht untätig ...
Eigentlich ist es Science Fiction, von dem der Roman ausgeht. Eine Konstruktion in einer Höhle, die niemand erklären kann, von der unbekannt ist, wer sie gebaut hat und warum. Andererseits spielen bald Historie und Mythen eine große Rolle. Schließlich liegt das in dem Land, in dem es die Katharer gab, die Templer und brutale Religionskriege. Nicht nur der angebliche Gründer der Rosenkreuzler war hier zu Gast.
Aus all dem webt Wilhelm einen spannenden Plot, setzt seine Puzzlesteine immer neu zusammen, versucht aus alten Mythen mit moderne Technik eine Lösung zu finden.
Dieses intellektuelle Puzzle, dieses "Was wäre, wenn" hält den Leser in Spannung und zwingt ihn, das Buch immer weiter zu lesen.
Lediglich die Stellen, in denen Politiker und ein fragwürdiger Graf auftreten, lassen in der Spannung nach. Doch diese spielen für den Plot eine eher untergeordnete Rolle und sind kurz. So bleibt Spannung und Lesevergnügen erhalten.

Fazit: Spannender Thriller um Mythen, Geschichte und moderne Wissenschaft. Wer intellektuelle Spekulationen liebt, wird hier fündig.

Leseprobe

Über den Autor: Andreas Wilhelm wurde 1971 in Solingen geboren. Weil sein Vater für das auswärtige Amt arbeitete, wuchs er in der UDSSR (Moskau), in Südafrika (Kapstadt), in der Schweiz (Genf), in Nigeria (Lagos) und in Portugal (Porto) auf. In Hamburg lernte er bei einer kleinen Agentur Grafikdesign.
Heute lebt mit Frau, Sohn und Tochter, Hund und Katze (die Fische nicht zu vergessen) in der Nähe von Hamburg

Projekt Babylon, Andreas Wilhelm, Roman, Limes, Februar 2006
ISBN 3809024899, Taschenbuch, 448 Seiten, Euro 19,95

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