Der Hexenturm. Historischer Roman.
Deana Zinßmeister, Goldmann, November 2010
„Es muss dir sehr unter den Nägeln brennen, wenn es dich bei diesem Wetter zu mir treibt“, lachte Thomas Königsdorfer spöttisch. Er saß in einem Sessel am Feuer und hatte von Baßy bereits erwartet. „Hier, trink den heißen Würzwein!“, sagte er und reichte dem Freund den Becher.
Dankend nahm der Amtmann aus Wellingen das dampfende Getränk entgegen. Zwischen zwei Schlucken sah er auf und fragte: „Hast du meine Nachricht bekommen und dir meinen Vorschlag überlegt?“
Königsdorfer zuckte mit den Schultern. „Du bist Amtmann in Wellingen und kannst die Frau jederzeit ins Gefängnis schaffen lassen. Warum belästigst du mich damit? Ich habe in meinem eigenen Amtsbezirkt genug zu tun.“
Johann von Baßy wusste, dass Thomas Königsdorfer nur versuchte, Gewinn aus der Sache zu schlagen.
„Du hast mehr Macht, Thomas!“, schmeichelte er ihm.
Ein Franziskanermönch, ein junger Mann auf der Flucht vor einem Mörder, ein Pärchen, das sich nicht trauen durfte und eine junge Frau, die eigentlich Nonne werden wollte - das sind die Hauptfiguren dieses Romans, der 1617/1618 im Saarland spielt.
Schon der Anfang besticht. Denn die Autorin erzählt nicht langatmig die Vorgeschichte aus dem Vorgängerband "Das Hexenmal", sondern versteht es meisterhaft, diese nur dort zu servieren, wo der Leser sie auch braucht. Sie erzählt abwechselnd aus der Sicht der fünf Flüchtlinge, doch lässt auch viele andere Personen lebendig werden. Der Magier Barnabas, der Hexen erkennen kann, der Großbauer Bonner, der eine Hexe erlegen will und der Bürgermeister, der ihn dazu zwingt; alle bekommen sie ihre Stimme und meisterhaft wechselt die Autorin zwischen den Autoren und Schauplätzen, ohne dass der Leser jemals den Faden verliert.
Gegenüber dem Erstling „Das Hexenmal“ haben die Personen, vor allem die Nebenfiguren, an Tiefe gewonnen. Der Großbauer Bonner ist immer noch kein angenehmer Mensch, aber sehr viel lebendiger und das gilt durch die Bank für alle Personen.
So ist ein spannender Roman entstanden, der auch viel Einblick in die Historie gibt und - vorbildhaft! - am Schluss dem Leser nicht nur sagt, was historisch ist und was nicht, sondern auch mit einem Bibliographie aufwartet. Wen also die Geschichte neugierig auf Zeit und Leute gemacht hat, der kann findet hier reichlich Literatur.
Und er erinnert an jene tapferen Theologen, die die Hexenverfolgungen anprangerten und es wagten, sich der allgemeinen Stimmung entgegenzustellen.
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