Beifang. Krimi.
Ulrich Ritzel, btb, März 2011

Beifang

„Wenn ich dazu etwas sagen darf ...“, meldete sich Kuttler zu Wort. „Wir haben mit großem Nachdruck versucht, den Verbleib der Kette zu klären. Es ist mit allen in Betracht kommenden Aufkäufern gesprochen worden. Mit wirklich allen.  Mit Goldschmieden, Antiquitätenhändlern, mit den uns bekannten Hehlern.“ Kuttler hob die Hände, die Handteller nach oben gekehrt. „Alles Fehlanzeige.“
„Alles Fehlanzeige“, echote Eisholm. „Kann man nichts machen. Aber darf ich noch festhalten“ – Eisholm blickte nach links, wo die Protokollführerin des Gerichts saß – „dass hier eine Frage, die in engem Zusammenhang mit dem Verbrechen steht, unbeantwortet geblieben ist.“

Ein wertvolles Schmuckstück fehlt in einem Mordprozess und der Mann, der kurz vor dem Mord mit dem Opfer noch zusammen Sex hatte.

Trotzdem erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Mann der Frau, die mit einem Handkantenschlag umgebracht wurde. Der Major war in Afghanistan, hatte sich bei der Rückkehr sinnlos betrunken, weiß nicht mehr, was vorgefallen war und ist der einzige aus der Umgebung des Opfers, der die Technik des tödlichen Handkantenschlags beherrscht.

Der Anwalt Eisholm ist ein Staranwalt und beauftragt den pensionierten Kripomann Berndorf mit der Ermittlungen. Doch bevor der mit dem Anwalt sprechen kann, stürzt dieser vor einen Zug. Selbstmord? Oder wurde er doch gestoßen? Und wie lässt sich dieser unbekannte Sexkontakt finden und was hat das mit dem Mord zu tun?

Eine ganze Menge erfahren wird. Dann taucht die junge Anwältin auf, die Eisholms Mandat übernimmt, der Kripobulle Kuttler wird von seinem Chef zurückgepfiffen und über die Ermordete wird so manches bekannt, dass im Ländle eher hätte unbekannt bleiben sollen.

Ritzel schildert die Ländle unter der allgegenwärtigen "Staatspartei", vor dem großen Umbruch durch die Wahl 2011 und damit wird unter anderem deutlich, wie diese Staatspartei ihren Staat verlieren konnte. Er schildert uns Personen, die selten schwarz oder weiß sind, aber jeder hat seine Geheimnisse und Lebenslügen.

Das Schmuckstück entpuppt sich als alter jüdischer Hochzeitsring und damit bekommt der Roman eine historische Komponente, die weit in die Vergangenheit zurückreicht und in ein jüdisches Altersheim im dritten Reich. Dieser Strang der Erzählung wäre für den Krimi nicht unbedingt nötig gewesen, Leser, die eher auf Action stehen, werden sich damit harttun. Mir hat dieser Strang dennoch gefallen, obwohl ich sonst die endlosen Erklärungen in deutschen Regiokrimis eher störend finde. Doch Ritzel versteht es, diesen Strang spannend auszuerzählen.

Zum Schluss zu verfranzt sich der Roman ein bißchen, kommt gar zu sehr vom Hölzchen aufs Stöckchen. Und das Sexleben der jungen Anwältin wirkt auch etwas aufgesetzt.

Dennoch: Spannender Krimistoff.

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