Smart Magic. Jugendfantasy.
Christoph Hardebusch, Heyne, Dezember 2011

Smart Magic

»Toms gesamte Aufmerksamkeit war auf den Geldautomaten auf der anderen Straßenseite gerichtet, der sich in einer Nische zwischen einem Schuhgeschäft und einer kleinen Bankfiliale befand. Eine mollige Frau in einem durchsichtigen Regenmantel stand davor. Sie versuchte, eine henkellose Papiereinkaufstüte, aus der Zucchini und Salat herausragten, mit nur einem Arm zu halten, während sie mit der anderen Hand ihre Geheimzahl eingab. Menschen mit Einkaufstüten waren normalerweise ideal, aber Tom schüttelte dennoch beinahe unmerklich den Kopf. Für einen zufälligen Beobachter hätte die Bewegung wie eine Reaktion auf die Musik aussehen können. Tatsächlich war es aber ein Zeichen. Die Frau hatte ihr Gemüse bestimmt beim Türken um die Ecke gekauft, sie trug ausgetretene Schuhe, und die Klamotten unter dem durchsichtigen Mantel waren abgetragen. – Keine gute Wahl.«

Eigentlich geht das gar nicht. Wieder ein Buch über einen Jungen, der aus der Realität in eine phantastische Welt versetzt wird, in der er obendrein noch eine wichtige Rolle spielen soll. Haben wir das nicht schon oft, zu oft gelesen?

Doch Christoph Hardebusch erzählt die bekannte Geschichte auf neue Art und bewweist, dass man auch alten Ideen ganz neuen Zauber geben kann. Tom und Alex, die beiden Jungen in Berlin, die von ihrem Pflegevater zum Betrügen und Stehlen abgerichtet werden. Ein moderner Fagin aus Oliver Twist treibt da seine Pflegekinder in die Kriminalität und bald befürchtet der Leser, dass zumindest Alex in naher Zukunft als U-Bahn-Schläger Karriere machen wird.

Doch es kommt anders, genauer gesagt: Es kommt ein Rabe und der spricht mit Tom. Natürlich können Raben nicht sprechen, denkt Tom, doch irgendwann lässt er sich darauf ein, dass er zwei Münzen finden muss. Alles scheint ihm besser, als das Leben, das er jetzt mit seinem Pflegevater führen muss.

Berlin und die Steppe, das "Gräsermeer" sind die Orte des Romans, beide kann der Autor farbig zum Leben erwecken, dazu Personen, die die Geschichte vorantreiben und daraus entsteht ein bunter Pageturner, wie es besser kaum geht. Was einmal mehr zeigt, dass es nicht nur auf das Was, sondern vor allem auf das Wie beim Geschichtenerzählen ankommt und darauf versteht sich Hardebusch bestens. Man kann eben scheinbar ganz ausgelutschte Themen neue Aspekte, neuen Glanz verleiten. Schon mit [[ASIN:3453532376 Die Trolle]] und [[ASIN:3453523970 Sturmwelten - Unter schwarzen Segeln: Roman]] hat er das eindrücklich bewiesen.

Auch wenn es als Jugendbuch angepriesen wird, sollten sich Erwachsene nicht abhalten lassen, es zu lesen. Wenn es Bücher gibt, die den abgedroschenen Begriff "All Age" erfüllen, zählt dieses ganz gewiss dazu.

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