Ein paar Tage Licht. Kriminalroman.
Oliver Bottini, Dumont, Februar 2014

Ein paar Tage Licht

Djamel spielt Fußball, als sein Vater verschwindet. Die Militärs haben ihn abgeholt, er taucht nie wieder auf. Pech gehabt. Einer der hundertausende, die in den Neunzigern zwischen die Fronten von Militär und Islamisten geraten und für immer verschwinden. Berichten darf man in Algerien noch immer nicht davon.

Dann reist ein deutscher Waffenhändler an, Peter Richter, der ein Lizenzwerk in Algerien betreuen will. Das Werk liegt in Constantine und er ist begeistert über die Landschaft. Doch als er Abends die Altstadt besichtigen will, hindern ihn seine Bewacher daran. Zu gefährlich. Und dann wird er entführt. Eine unbekannte islamistische Splittergruppe übernimmt die Verantwortung. Die Islamisten sind oft der Vorwand für die Militärs, ihre Unterdrückung zu perfektionieren. Und aus Deutschland Waffen zu beziehen. Korruption munkelt man, aber Beweise hat niemand. Oder rückt sie nicht heraus.

Ralf Eley ist BKA Kontaktbeamter bei der deutschen Botschaft in Algier. Doch die algerischen Behörden verbieten ihm die Ermittlungen. Zu gefährlich sagen sie. Eley glaubt nicht an die Splittergruppe, er weiß, dass die Islamisten der alten Garde -  "le pouvoir" nennen sie die Algerier - oft als Vorwand dienen. Um sich zu bereichern, um sich an der Macht zu halten.

Djamel, nun erwachsen, will seinen Vater rächen. Und damit nimmt eine rasante Geschichte ihren Lauf. Spannend, schockierend, bedrückend.

Oliver Bottini hat sich tief in die Geschichte Algeriens eingearbeitet. Von dem Befreiungskrieg gegen die Franzosen bis heute spannt sich der Rahmen. Er schildert die Landschaften, dass man meint, sie am Fenster vorbeifliegen zu sehen, er lässt die Personen lebendig werden, der Leser begreift, warum es in Algerien keinen arabischen Frühling gegeben hat und wie Waffenexporte in Deutschland laufen.

Schwarz-weiß Malerei ist nicht sein Ding. Alle seine Personen sind in eine Geschichte verwoben, habe ihre eigenen Leichen im Keller, wir verstehen, warum sie handeln, wie sie handeln und gerade das macht den Roman so bedrückend. Ein Roman, der die Liebe zu einem großartigen Land atmet und die Verzweiflung darüber, dass es immer wieder in Blut und politischer Gewalt ertränkt wird. Danach hat man nicht nur einen superspannenden Roman gelesen, man weiß eine Menge über Land, Leute und Geschichte und auch einiges über deutsche Rüstungsexporte. Und am Ende gibt es ein ausführliches Nachschlagekapitel, das aufzählt, was im Buch erfunden und was bittere Wahrheit ist. Wäre schön, wenn auch andere Bücher dies übernehmen würden.

Ein wenig erinnert es an Yasmina Khadras "Die Schuld des Tages an die Nacht" oder an "Nacht über Algier", ebenfalls ein guter Roman über Algerien, ebenfalls ein Krimi, der dem Leser staunend und entsetzt zurücklässt.

Ach ja, das Buch stand im April auf der Krimizeit Bestenliste auf Platz 2. Verdient, finde ich.

Hans Peter Roentgen

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