Dame, König, As, Spion. Agententhriller.
John Le Carre, List, Januar 2011
Ein Maulwurf hat sich bis in die höchsten Spitzen des englischen Geheimdienstes, dem Circus, gegraben. Der alte Chef, Control wollte ihn enttarnen, doch bei dem Versuch gab es einen Riesenskandal, über den er stürzte und dann starb. Jetzt taucht plötzlich ein Agent auf mit brisanten Informationen und der Staatssekretär hat nur noch Smiley, denn im Circus kann er niemand trauen. Der wurde mit Control zusammen aufs Altenteil geschoben. Ein alter Hase, dick mit dicken Brillengläsern, unglücklich in seine Frau verliebt, die ihn betrügt; ein Mann, den man umgehend vergisst und dem niemand zutraut, dass er ein glänzender Analytiker ist. Kein Bond, James Bond, geschüttelt nicht gerührt.
Karla unterschätzt Smiley nicht. Karla ist der Chef des sowjetischen KGB und er weiß, dass Smiley sein gefährlichster Feind im Circus ist. Weswegen er seinen Maulwurf beauftragt ...Nein, das erzähle ich nicht, das müssen Sie selbst lesen.
Dieses Buch habe ich in den Siebziger Jahren verschlungen und jetzt, anläßlich der neuen Verfilmung nochmals gelesen. Es hat mich wieder gepackt. LeCarre lässt eine Fülle von Personen auftreten, jede mit eigener Statur bis hinein in die Sprache, wechselt die Schauplätze, springt in der Zeit hin und her, anfänglich etwas verwirrend, aber bald hat er den Leser so in Bann geschlagen, dass er ihm überall hin folgen würde. Selbst in die Höhle des Löwens und genau dahin führt er uns.
Das Buch atmet Vergangenheit, spielt Anfang der Siebziger, fast alle Agenten haben den Krieg erlebt, viele in den Dreißigern studiert, Geschichte spielt eine wichtige Rolle und eigentlich sollte das alles längst Staub angesetzt haben, wer interessiert sich heute noch für sowas?
Die meisten anderen Agentengeschichten aus dieser Zeit sind denn auch längst vergessen. Dass LeCarres Buch nicht dazu gehört, zeigt die einsame Klasse des Autors. Er weiß, worüber er schreibt - wer die Bücher über die Stasi Spionage liest, glaubt manchmal in einen LeCarre Roman versetzt worden zu sein. Er kann Verwicklungen bis zum bitteren Ende schnüren, der Leser wird oft überrascht und denkt sich doch: Klar, so, genauso hat es kommen müssen, warum habe ich das bloß nicht vorher geahnt?
Ein Spitzenthriller, der eigentlich gar kein Thriller ist, sondern eine Sherlock Holmes Arbeit. Vielleicht wird es den einen oder anderen Fan von Actionthrillern enttäuschen, aber für die meisten dürfte es spannende Stunden bringen.
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