Sprengkraft. Krimi.
Horst Eckert, Grafit 2011
»Als Abderrafi Diouri seinen Wagen abschloss, fiel sein Blick auf die schöne Tasnim, die keine dreißig Meter entfernt aus dem Bus stieg. Er wusste, dass es kein Zufall war, sondern Schicksal – gerade noch hatte er an sie gedacht.
Die Siebzehnjährige trug eine knallgelbe Tasche an einem Riemen über der Schulter und schlenderte die Strasse entlang.
Kein Blick zu ihm herüber. Und keinen Hijab – sie trug das Haar schamlos zur Schau.
[…]
Vielleicht sollte er mit Tasnims Bruder reden.
Rafi ärgerte sich, dass ihn der Gedanke an eine Frau so plagte, obwohl er längst wusste, dass das irdische Leben nicht zählte. Nicht Partys, nicht Alkohol, sondern ausschließlich Allahs Wort und das Beispiel des Propheten.«Rafi will sein Leben für den richtigen Glauben geben. Und die Ungläubigen dafür strafen, was sie den gläubigen Muslimen antun. In Palästina, im Irak, in Afghanistan.
Die Ehrenfelder CDU will derweil einen Moscheeneubau verhindern.
Moritz Lemke wird Pressesprecher der Freiheitlichen. Die wollen ihren Ruf als rechte Partei ablegen und in der Mitte der Gesellschaft wildern. Mit der islamischen Bedrohung auf Stimmenfang gehen.
Dazwischen stehen Martin Zander und Anna Winkler von der Mordkommission, die einen alten Fall aufklären wollen. Vor eineinhalb Jahren wurde Rafis Bruder ermordet.Was sich wie ein superaktueller Krimi nach dem Paris-Anschlag anhört, ist in Wirklichkeit 2009 erschienen. Aber inklusive Bombenanschlag auf ein Stadion. Inklusive einer rechten Gruppe, die sich seriös gibt, der AfD ähnelt, obwohl es diese Partei noch gar nicht gab, als Horst Eckert den Roman schrieb. Und Salafisten die dieser neuen Partei die Wähler zutreiben.
Horst Eckert lässt seine Figuren leben, wir können ihnen folgen, verstehen sie. So schwierig das auch ist, wenn es sich um mordbereite Salafisten, Populisten á la Pegida oder um Industrielle handelt, die Nazi-Devotionalen sammeln. Und er nimmt sie ernst. Da wird nichts verharmlost, aber auch nicht die islamische Gefahr an die Wand gemalt.
Deshalb klingt diese Geschichte von 2009 so aktuell, als hätte der Autor eine Zeitreise ins Heute gemacht, als wäre das Buch gerade erst erschienen, als sollte es eine Antwort auf die aktuellen Ereignisse sein.
Ein spannender Roman mit bedrückendem Zeitkolorit und einem realistischen Einblick in die Mechanismen, mit denen sich Pegidas, Salafisten und Neonazis die Bälle zuspielen. Ich kenne keinen Roman, der so detailliert die Konflikte rund um islamistischen Terror und Pegida-Populismus schildert und gleichzeitig seine Personen derart ernstnimmt, auch wenn es schmerzt.
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